Golf Ahoi auf den Kanälen rund um Brügge



Auf den Kanälen rund um Brügge und Gent unterwegs.  Eine Reise zu zwei exklusiven Golfplätzen und ins goldene Mittelalter in Flandern. Leinen los und ablegen.

So richtig wohl war mir bei dem Gedanken nicht. Statt unserer seit Jahren bewährten Vier-Männer-Golftour nach Mallorca,diesmal zum Hausboot Golfen auf den Kanälen zwischen Brügge und Gent. „Kann ich überhaupt mit dem Boot umgehen, ist die Fahrt nicht langweilig oder gar gefährlich? Können wir an Bord kochen? Müssen wir Klopapier mitbringen?“ Drei Wochen später im Yachthafen von Nieuwpoort an der belgischen Nordseeküste sind alle Fragen beantwortet, und wir sind froh, dass wir hier sind.

Vor uns liegt ein wunderschönes Hausboot: die Magnifique. Sie ist fast 15 Meter lang und mehr als 4 Meter breit. Ein Salon mit Sitzecke, Küche, Terrassendeck und vier Zimmern mit jeweils einem eigenen Bad. Nach der Einweisung durch den Ingenieur weiß ich, wie sich unser Boot steuern lässt. Ich weiß auch, wie man es auf der Stelle wendet. Mit dem Bugstrahlruder ein Kinderspiel.

Wir schicken uns an, den Hafen von Nieuwpoort Richtung Brügge zu verlassen und passieren die am Kai liegenden Boote. Nach einer mit viel Geduld und Sorgfalt genommenen ersten Durchfahrt einer Hebebrücke legen wir in einer Kanalnische vor einem originell aussehenden Lokal an. Geschafft! „Kapitän, wir haben das Boot im Griff“, prosten mir meine Drei mit Stolz in den Augen zu. Wohl dem, der solche Freunde hat.

Abends im Restaurant Eethuis – ein halbes Eisen Neun von unserem Boot entfernt – serviert uns die Wirtin ein bittersüßes Bier aus der kleinen Brauerei gleich nebenan und einen selbst gemachten flandrischen Huspot mit Spezialitäten aus der Region. Es schmeckt großartig, unsere Golf-Kreuzfahrt steht unter einem guten Stern.

Nach dem Frühstück beginnt der nächste Tag mit einem Ausflug in die Geschichte Brügges. Peter liest vor: „Wie durch ein Wunder kam die alte Handelsstadt Brügge unbeschadet durch die Jahrhunderte. Die meistbesuchte Stadt Flanderns bewahrt das Bild einer hochmittelalterlichen Kaufmannsstadt wie nur wenige in Europa. Die Nordsee-Versandung im 15. Jahrhundert und die dadurch entstandene Armut erwiesen sich als der beste Denkmalschützer. Angesichts leerer Kassen kamen Neubauten nicht in Frage. Im Nachhinein aber entpuppen sich die fast fünfhundert Jahre Stillstand als Schönheitsschlaf. Uns erwartet eine der schönsten Städte der Welt“, strahlt Peter uns an.
Wir fahren auf dem 150 Jahre alten Gent-Ostend-Kanal. Lässig erwidern wir die Grüße der entgegenkommenden Kapitäne. Am späten Nachmittag erreichen wir Brügge. Die Einfahrt nach Brügge ist spannend. Immer wieder müssen wir vor Hebe- oder Drehbrücken warten. Der Straßenverkehr ist schließlich wichtiger als die Ausflugsboote der Urlauber. Vorbei an gut erhaltenen Stadttoren und prachtvollen Grünanlagen mit liebevoll hergerichteten Windmühlen, fahren wir in den Yachthafen Flandria ganz in der Nähe der Altstadt. Wir bleiben zwei Tage.

Im Sommer schieben sich Touristenströme durch Brügge. Jetzt im Spätherbst aber ist die Altstadt ein Ort für Romantiker: Am Tag gemächlich, am Abend geheimnisvoll. Die Grachten liegen still, nur ab und zu klappert eine Pferdekutsche übers Kopfsteinpflaster. Wir gehen ins Restaurant Pro Deo in der Langestraat.  Klein aber fein. Wir essen Muscheln und Belgisch Stew. Es wird ein langer Abend. In Brügge gibt es keine Polizeistunde.

Vor lauter Freude über das Glück mitten in Brügge zu ankern, vergessen wir fast den zweiten Grund unserer Reise, das Golfspiel. Anruf genügt, im Damme Golf & Country Club gibt es problemlos Abschlagszeiten. Wir mieten uns ein Taxi und fahren hin.
Der Platz liegt inmitten einer idyllischen Polderlandschaft mit Wiesen und vielen Pappeln. Ideenreich, bisweilen übermütig, spielen sich die insgesamt 6.028 Meter langen 18 Bahnen sehr interessant. Es ist die Einheit des Konzeptes, die begeistert. Ein Platz, der den Regeln der Landschaftsvorgabe folgt und zugleich reine Natur ist. Das sportliche Golfspiel ist hier im Brügger Golfclub Damme nicht so wichtig wie das “Was bin“ oder das “Was habe ich“, „ gehöre ich zu Brügges Oberschicht“. Hier werden nur ausgewählte Menschen aufgenommen. So krass habe ich das noch nicht erlebt. Trotzdem ist der Platz eine schöne Golfrunde wert.

Wer Brügge besucht, für den ist eine Fahrt auf den Kanälen ein Muss. Nachmittags machen wir die Grachtentour. Der Kern der historischen Innenstadt ist UNESCO-Welterbe, die vielen Kostbarkeiten vom Schiff aus zu sehen bleibt unvergesslich. Bei leckeren, typischen belgischen Spezialitäten die wir in der Altstadt gekauft haben, verbringen wir den Abend an Bord. Wir lassen es uns gut gehen.

Der nächste Tag steht ganz im Zeichen der Fahrt nach Gent. Früh aufstehen heißt es, sonst schaffen wir nicht alles. Wir haben uns mit heimischem Bier, frischem Brot, Blutwurst, Ardennenschinken, Tomaten und Zwiebeln eingedeckt. Mittags bereiten wir uns auf Deck eine kräftige Mahlzeit. Bootfahren macht hungrig. Die Fahrt in die Innenstadt von Gent ist schwierig. Durch eine Schleuse wechseln wir vom Kanal in die Leie. Der kleine Fluss ist eng und verzweigt. Eberhard, der die Wasserwegekarte sorgfältig gelesen hat, leitet uns zum Anlegen mitten in die Altstadt in die Nähe des Design Museums. Es gibt viel zu erkunden. Peter übernimmt die Führung. Er weiß unglaublich viel über die Geschichte dieser Stadt und ihre Kunstwerke. „Der Höhepunkt hier in Gent ist die Besichtigung des dreiflügeligen Genter Altars der Gebrüder van Eyck von 1432“, erklärt er uns und geht mit uns in die Kathedrale St. Bavo. „Fachleute halten diesen Altar für das großartigste Werk der altflämischen Malerei überhaupt“: Wir sind tief beeindruckt von Peters Wissen.

Nach zwei Tagen Golf-Abstinenz juckt es uns in den Fingern. Von Gent aus fahren wir auf der Leie nach Sint-Martens-Latem, das den Beinamen „Künstlerdorf“ hat. Der 100 Jahre alte Royal Latem Golf Club liegt nicht weit vom Ufer der Leie. Wir schultern unsere Bags und fahren mit den Bord-Fahrrädern zum Platz. Etwas beschwerlich zwar, aber wer fährt schon mit dem Fahrrad zum Golfen.
Der königliche Golfclub ist ein privater Verein. Gäste sind willkommen. Die 18 Bahnen liegen in einer hügeligen Parklandschaft. Geschickt platzierte Wasserhindernisse und die vielen alten Bäume machen den Platz zu einem Juwel. Der Kurs ist nicht sehr lang, aber schwierig zu spielen. Die Herausforderungen treten offen zutage, man kann sie einschätzen. Dieser Platz führt niemanden hinters Licht. Royal Latem ist von den 77 Plätzen in Belgien, einer der schönsten. Nach einem kräftigen Imbiss im Clubhaus verabschieden wir uns mit ordentlichen Scores.

Das kulinarische Highlight unserer Reise ist der letzte Abend beim 3-Sterne-Koch Geert Van Hecke in Brügge. Stilvoll leger geht es hier zu. Einige Gäste sind mit dem Fahrrad gekommen. In den Wandnischen stehen kräftig modellierte Plastiken, an den Wänden hängen große ausdrucksstarke Bilder. Sehr geschmackvoll eingerichtet. Geert Van Hecke empfiehlt uns seine heimischen Spezialitäten. Frische Muscheln in belgischem Weißbier, danach Buikspek vom Spanferkel glasiert mit heißer Schokolade. Der Hummer mit gefüllter Seezunge ist der lukullische Höhepunkt.

Unser Urlaub unter dem Motto „Hausboot Golfen“ ist viel zu schnell vergangen. „Wer hätte gedacht, dass sich Schippern und Chippen so gut vereinbaren lässt“, feixe ich beim Abgang von Bord, „oder wäre Euch Mallorca lieber gewesen?"

 



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